Makler ködern Kunden mit falschen Angaben
saldo-Recherchen zeigen: Versicherungsmakler machen gegenwärtig Jagd auf neue Krankenkassenkunden.
Inhalt
saldo 10/2009
23.05.2009
Letzte Aktualisierung:
26.05.2009
Sabine Knosala
Kürzlich meldete sich bei S. L. aus Kappel SO eine Beraterin eines «Versicherungsforums Schweiz». «Die Frau sagte mir, sie sei von 13 Krankenkassen der Schweiz wie Concordia und KPT beauftragt, eine Kollektivversicherung abzuschliessen. Das käme billiger», erzählt S. L. Die Kundin müsse ihre Kasse nicht wechseln, sie würde einfach Kollektivprozente erhalten. «Die Beraterin war gut vorbereitet, wusste meinen Namen, mein Alter und kannte me...
Kürzlich meldete sich bei S. L. aus Kappel SO eine Beraterin eines «Versicherungsforums Schweiz». «Die Frau sagte mir, sie sei von 13 Krankenkassen der Schweiz wie Concordia und KPT beauftragt, eine Kollektivversicherung abzuschliessen. Das käme billiger», erzählt S. L. Die Kundin müsse ihre Kasse nicht wechseln, sie würde einfach Kollektivprozente erhalten. «Die Beraterin war gut vorbereitet, wusste meinen Namen, mein Alter und kannte meine Krankenkasse», erinnert sich S. L. Daher liess sie sich zu einem Gesprächstermin überreden, bei dem ein Berater des Forums bei ihr vorbeikommen sollte. «Das dauert nur 20 Minuten und ist ein reines Informationsgespräch. Sie müssen nichts unterschreiben», so die Beraterin.
S.L. willigte ein, doch der Anruf kam ihr seltsam vor: Warum hatte ihre Krankenkasse sie nicht selbst angerufen? Die Versicherte blieb misstrauisch. Noch am gleichen Tag meldete sie sich bei der KPT. Dort wusste man nichts von einem Auftrag an ein «Versicherungsforum Schweiz», geschweige denn von einem Wechsel in eine Kollektivversicherung. «Dabei tönte es wirklich echt, was die Beraterin mir am Telefon gesagt hat», ärgert sich S. L. Den vereinbarten persönlichen Termin hat sie mittlerweile abgesagt.
KPT weiss von anderen ähnlichen Fällen
S. L. ist längst nicht die einzige KPT-Kundin, die vom Versicherungsforum angegangen wurde. Die KPT erfuhr von mehreren Fällen irritierter Versicherter. «Das ist stossend», sagt Sprecher Reto Egloff, «der KPT-Name wird gebraucht, obwohl kein Vertrag mit uns besteht.» Hinter dem Versicherungsforum steckt das Maklerzentrum Schweiz AG mit Sitz in Basel – und nicht ein Verband, wie auf der Homepage des Forums suggeriert wird. Geschäftsführer Stephan Wirz distanziert sich vom Vorgehen der Beraterin: «Das Gespräch mit S. L. ist ein Einzelfall.» Er bestätigt, dass weder mit der KPT noch mit der Concordia eine vertragliche Zusammenarbeit bestehe. Das werde bei der Beratung auch so gesagt. «Es bringt uns ja nichts, wenn wir Prozente für eine Kasse anbieten, die wir nicht vertreten», so Wirz. Er will dem Fall nun intern nachgehen.
Das reicht der KPT nicht: «Im Interesse unserer Kunden prüfen wir rechtliche Schritte gegen das Versicherungsforum», so Egloff. Hintergrund der häufigen telefonischen Belästigungen von Prämienzahlern: Viele Krankenkassen in der Schweiz setzen externe Makler ein, um neue Kunden zu gewinnen – mit teuren Folgen: Laut einer Schätzung der KPT geben die Kassen dafür jährlich etwa 300 Millionen Franken aus. Schuld daran sind die hohen Provisionen, welche die Makler für neue Vertragsabschlüsse kassieren. Diese können pro Fall bis zu 500 Franken betragen.
Makler-Provisionen stehen in der Kritik
Doch nun regt sich Widerstand: So prangern Politikerinnen wie die St. Galler FDP-Ständerätin Erika Forster oder die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr die hohen Provisionen an. Auch bei den Krankenkassen selbst hagelt es Kritik: «So gibt man das Geld der bestehenden Kunden aus. Das darf in der sozialen Krankenversicherung nicht passieren», sagt Reto Egloff von der KPT. Diese setzt laut eigenen Angaben keine externen Makler ein.
Tipps: So wehrt man sich gegen Versicherungsmakler
Die Leistungen der Kassen in der obligatorischen Krankenversicherung sind identisch. Die Prämien sind unterschiedlich. Das nutzen Versicherungsmakler aus, um die Versicherten zum Wechsel der Grundversicherung zu überreden. Laut einer repräsentativen Umfrage von saldo ist die Zufriedenheit der Versicherten mit ihrer Krankenkasse recht unterschiedlich (saldo 17/2005). Das sollte vor einem Wechsel der Kasse berücksichtigt werden.
Viele Makler wollen neben der Grundversicherung auch Zusatzpolicen verkaufen. Diese unterscheiden sich von Krankenkasse zu Krankenkasse stark. Tipp: Wechseln Sie nie Ihre Zusatzversicherung aufgrund von mündlichen Angaben eines Maklers. Vergleichen Sie immer die schriftlichen Policen. Und: Kündigen Sie nie Ihre bestehende Zusatzversicherung, bevor Sie von einer neuen aufgenommen wurden. Denn Anträge auf Zusatzversicherungen können ohne Begründung abgelehnt werden.